Gesundheit
Leave a comment

Mutige Mäuse mit Kefir

Take home message

  • Peptide aus Kefir, hergestellt mit Kefirkörnern und aus erhitzter Kuhmilch, wurden verwendet, um die Stimmung von Mäusen zu untersuchen. Mäuse wurden nach täglichem Verzehr von Kefirpeptiden Mutproben unterzogen. Der Verzehr von Kefir-Peptiden macht Mäuse im Vergleich zu den Peptiden aus Milch mutiger.

Untersuchungen in den Niederlanden mit Verbrauchern von Rohmilchkefir zeigten unter anderem, dass sich die Stimmung bei diesen Erwachsenen verbesserte (Baars et al., 2019). Das scheint weit hergeholt, aber taiwanesische Forscher (Chen et al., 2021) untersuchten die Angst bei Mäusen, als ihnen die Peptide aus Kefir verabreicht wurden. Kefir als Postbiotikum. Peptide sind die Fermentationsprodukte aus den Milchproteinen, die von den Bakterien und Hefen im Kefir gebildet werden. Diese Mikroorganismen bauen das Protein ab, wodurch aus den langen Aminosäureketten des Proteins zahlreiche kürzere Ketten entstehen: die Peptide. Viele der Peptide sind bioaktiv. Sie beeinflussen unter anderem die Physiologie, regulieren den Blutdruck, können aber auch Stimmung und Angstzustände beeinflussen. Wir haben zuvor gezeig, dass auch bei jungen Mäusen Muskelaufbau und weniger Müdigkeit auftreten, wenn ihnen Kefir als Postbiotikum verabreicht wurde.

Tests mit Mäusen

Es wurden zwei Studien durchgeführt. Die erste betrifft die aus Kefir isolierten Peptide. In diesem Fall wurde der Kefir aus sterilisierter Milch unter Verwendung von Kefirkörnern hergestellt. Nach dem Fermentationsprozess wurden die Peptide aus der Mischung abfiltriert und für weitere Untersuchungen verwendet. In Bezug auf Prä-, Pro- oder Postbiotika haben wir es hier also mit einem Postbiotikum zu tun, d.h. den isolierten Stoffwechselprodukten aus einer Kefir-Fermentation, steril.

Es gibt vier Gruppen junger Mäuse im Alter von fünf Wochen. Die Tiere werden täglich mit einer der vorbereiteten Varianten gefüttert: Wasser, Milchpulver, Kefirpeptide und Trazodonsalz (TH). Letzteres ist ein Antidepressivum mit Wirkung auf den Neurotransmitter Serotonin. Auf Wikipedia heißt es über Serotonin: „Eine der bekanntesten Wirkungen von Serotonin auf das Zentralnervensystem ist seine Wirkung auf die Stimmung. Es gibt uns ein Gefühl von Gelassenheit, innerem Frieden und Zufriedenheit. Es unterdrückt eine ganze Reihe unterschiedlicher Emotionen, insbesondere Angst-, Aggressions-, Traurigkeits- und Hungergefühle.“ Trazodon enthemmt somit, macht mutig und wurde als Positivkontrolle eingesetzt. Die mit Wasser gefütterten Mäuse sind eine negative Kontrolle.

Nach einer Woche täglicher Fütterung mit einer der Varianten wurden die Tiere mehreren Tests unterzogen. Eine davon ist ein „Open Field Test“ (OFT), bei dem untersucht wird, wie die Maus ihr Umfeld in einem kleinen Raum mit hohen Wänden erkundet und nutzt. Ein weiterer Test ist der Elevated Plus-Maze-Test (EPMT), bei dem sich die Maus in einem Kreuzweg mit zwei geschlossenen Wänden und zwei offenen Wänden (Armen) bewegen kann. Da Mäuse Beutetiere sind, die sich oft nachts bewegen, ist die Erwartung, dass sie sich entlang der Wände bewegen (im OFT) und sich nicht so sehr im offenen Innenraum zeigen. Im EPMT-Test kann man erwarten, dass die Tiere die Arme mit den hohen Wänden viel mehr benutzen. Mutige Mäuse nutzen dagegen eher den zentralen Raum (OFT) und bewegen sich auch in den offenen Armen des Testraums (EPMT). Im Volksmund könnte man den OFT-Test als Platzangst-Test sehen, während der EPMT widerspiegelt, wie man einen Raum erkundet, sicher oder nicht.

Abbildung 1. Schema der beiden Testräume, in denen einzelne Mäuse auf ihr Geh- und Erkundungsverhalten untersucht wurden. Eine Kamera über dem Versuchsaufbau zeichnet auf, wo sich die Maus befindet (aus: Chen et al., 2021).

Tabelle 1. Mäuse, die zwei verschiedenen Mutproben unterzogen wurden. Im EPMT wird der Unterschied beim Betreten von offenem und geschlossenem Raum bewertet; im OFT bewertet, wie ein Raum mit Wänden erkundet wird. Die Ergebnisse der ‚wassergefütterten Mäuse‘ sind absolut angegeben, der Wert der drei Testgruppen als relative Veränderung gegenüber der Nullgruppe (=Wasser).

 WasserMilchpulverKefirpeptideTrazodone
Elevated plus maze test (EPMT)    
Zeit in abgeschlossen Armen (Sek)102-11% (NS)-34% (*)-7% (NS)
Zeit in offenen Armen (Sek)22+13% (NS)+84% (*)+13% (NS)
Zeit an der Kreuzung (Sek)12+83% (*)+135% (*)+179% (**)
Open Field Test (OFT)    
Gesamter Laufstrecke (Meter)182+21% (NS)+59% (*)+70% (*)
Geschwindigkeit (Cm/ Sek)13+12% (NS)+29% (*)+50% (*)
(*) oder (**) = deutlich oder hochsignifikant in Vergleich zu den Wassergruppe. NS = nicht signifikant

Aus den beiden Tests lässt sich ableiten, dass die Mäuse nach einer Woche Fütterung mit Kefir-Peptiden mutiger geworden sind. Im EPMT-Test verbringen sie 84% länger in den offenen Armen und 34% weniger in den geschlossenen Armen. Sie verbringen auch deutlich mehr Zeit damit, sich an der Kreuzung umzusehen (+ 135%). Aus den Ergebnissen des Platzangst-Tests (OFT) zeigt sich, dass die mit Kefir-Peptid-gefütterten Mäuse sich 59% mehr und mit einer 29% höheren Geschwindigkeit bewegen. Wenn mit Trazodone die Angst unterdrückt ist, sind einige Ergebnisse sogar noch ausgeprägter: Trazodone-Mäuse sind noch furchtloser. Der anderen Milchgruppe, Milchpulver, fehlen die spezifischen Kefir-Peptide. Hier gibt es kaum einen signifikanten Unterschied zur Negativkontrolle, nur die Zeit, die die Tiere am Schnittpunkt der beiden Arme verbringen, wird um 83% erhöht.

Die Wirkung von Kefir basiert auf verschiedenen Elementen, die sich gegenseitig verstärken können. Es kann eine Rolle spielen, ob der Kefir aus roher oder erhitzter Milch hergestellt wird; es kann einen Unterschied machen, welche Kultur verwendet wird und ob tatsächlich Hefen in der Kultur vorhanden sind; und schließlich hängt es davon ab, welche Mikroorganismen im Kefir aktiv sind. Dabei ist zu berücksichtigen, dass direkt aus den Körnern hergestellter Kefir eine große Vielfalt an Mikroorganismen enthält. Neben den Mikroorganismen selbst, die eine Wirkung haben können, gibt es auch die Stoffwechselprodukte dieser Mikroorganismen. Kefir kann daher pro- und postbiotisch wirksam sein. In dieser Studie lag der Schwerpunkt auf dem postbiotischen Charakter der Kefir-Peptide.

Literatur

Chen, H. L., Lan, Y. W., Tu, M. Y., Tung, Y. T., Chan, M. N. Y., Wu, H. S., … & Chen, C. M. (2021). Kefir peptides exhibit antidepressant-like activity in mice through the BDNF/TrkB pathway. J. Dairy Sci. 104:6415–6430.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.