Take home message
- Echter Kefir wird auf der Grundlage einer vielseitigen Starterkultur hergestellt, in der auch Hefen enthalten sind.
- Dabei entsteht sowohl Kohlendioxid, das dem Getränk einen leicht scharfen Geschmack verleiht, als auch Ethanol (Alkohol).
- Der Alkoholgehalt von echtem Kefir ist gering (<0,25%) und hängt von der Zubereitung ab.
Kefir-Zubereitung
Typisch für die Herstellung von echtem Kefir ist die Entwicklung von Kohlendioxid (CO2) und Alkohol (Ethanol). Dafür sorgen die Hefen vor allem in der zweiten Hälfte des Gärungsprozesses, nachdem die Milchsäurebakterien in den ersten 15 Stunden den größten Teil des Milchzuckers in Milchsäure umgewandelt haben. Nicht anders als bei Bier und Wein, wo ebenfalls Zucker vergoren wird. Im Kefir sinkt der Säuregehalt unter einen pH-Wert von 4,5 und die milchsäurebildenden Bakterien hemmen so ihr eigenes weiteres Wachstum. Dann kommen die Hefen ins Spiel. Hefen sind ein wesentlicher Bestandteil des traditionellen Kefirs. Wenn Sie eine Flasche mit echtem Kefir öffnen, hat sich ein gewisser Druck aufgebaut (CO2-Gas). Eine Plastikflasche kann sich sogar leicht wölben, was bei vielen Menschen das Gefühl des Verderbens hervorruft. Bei Kefir ist das nicht der Fall. In den USA wie auch in islamischen Ländern will man keinen Alkohol in fermentierten Produkten, und deshalb werden dem sauren Kefir keine Hefen zugesetzt. Da der Begriff ‚Kefir‘ nicht geschützt ist, bieten mehrere Firmen einen Kefir an, der nur aus Milchsäurebildnern besteht. Um das typische Kefirgefühl in Bezug auf Geschmack, Schärfe und Konsistenz zu erreichen, sollte Kefir mindestens 103-105 KBE/ml Hefen enthalten (Wyder, 2001).
Kefir wird traditionell mit Kefirknollen, auch Körner (engl. grains) oder Scoby genannt, hergestellt. In den Mini-Blumenkohlkugeln sind die Hefen im Inneren der Körner eingeschlossen, und die Laktobazillen leben auf der Außenseite. Unter dem Elektronenmikroskop wird all dies sichtbar gemacht. Verschiedene Arten von Mikroorganismen (bis zu 50 Arten) bilden zusammen ein kleines Ökosystem, das aus dem Träger (Gerüst aus Zucker, Kasein und Milchfett) besteht, auf dem die Mikroorganismen einen Platz finden. Dieses Gerüst ähnelt einer Koralle vor der australischen Küste und wird ‚Kefiran‘ genannt. Kefiran-Saccharide bestehen aus Glukose und Galaktose und werden von verschiedenen Bakterien produziert. Diese Bakterien stellen also ihr eigenes Konstrukt her, das täglich wächst und sich ausdehnt, wenn die Körner in frische Milch eingeimpft werden. Nach 24-36 Stunden wird die Sauermilchmischung gesiebt, um die Körner von dem Sauermilchgetränk (= Trink-Kefir) zu trennen. Die gesiebten Körner werden als Sauerteig für eine neue Menge Milch usw. verwendet. Die abgeseihte und gesäuerte Flüssigkeit wird gekühlt und in Flaschen abgefüllt, um in einer 2. Stufe (Reifung) leicht weiter zu gären (Hefegärung), wobei sich auch typische Kefir-Aromakomponenten bilden. CO2 verleiht dem Kefir den typischen scharfen Geschmack.
Auswirkungen auf den Ethanolgehalt
Es wurde viel darüber geforscht, wie man das Endprodukt in Bezug auf Säuregehalt, Konsistenz, Kohlensäure- und Alkoholbildung und auch Geschmack beeinflussen kann. Es wurde auch untersucht, wie man eine reiche Bakterien- und Hefekultur im Endprodukt (dem Trink-Kefir) erhält. Wählt man eine höhere Gärungstemperatur, sinkt der pH-Wert in der Regel weiter ab und das Hefewachstum in der zweiten Stufe wird etwas gehemmt. Bei niedrigeren Gärtemperaturen wird mehr Ethanol gewonnen. Bei niedrigeren Temperaturen (20-24 oC) verläuft der Prozess insgesamt langsamer, bei höheren Temperaturen (>28 oC) schneller.
Russischer Kefir aus dem frühen 20. Jahrhundert, der aus Milch und Kefirknollen hergestellt wurde, konnte sogar bis zu 2 % Ethanol enthalten, eine Alkoholmenge, die einem halben Glas Bier entspricht. Heutige Kefire enthalten viel weniger. Wie viel Alkohol entsteht, hängt u. a. von der gewählten Gärtemperatur, der Menge der zugesetzten Knollen und auch davon ab, wie sauer der Kefir wird. Man kann den Alkoholgehalt künstlich erhöhen, indem man mehr Glukose hinzufügt, genau wie bei der Zubereitung eines belgischen Tripelbiers. Abbildung 1 zeigt vier Kombinationen von Temperatur (24oC und 28oC) und Körnermenge (2% und 4%). Aufgepfropft auf die entrahmte, erhitzte Kuhmilch ergibt dies Ethanolanteile zwischen 0,13 % und 0,21 % (Abou Ayana et al., 2016), was knapp unter dem Wert von alkoholfreiem Bier liegt (maximal 0,1 % Alkohol). In Abbildung 2 zeigen dieselben Autoren die Auswirkungen einer 15-tägigen Lagerzeit von Kefir aus verschiedenen Milchsorten (Kuh, Ziege, Büffel). Bei allen Milchsorten nimmt der Ethanolgehalt zu, und angesichts der niedrigen Ausgangswerte werden hier bei Kuhmilch am Tag 15 ca. 0,13% Ethanol festgestellt.
Literatur
- Abou Ayana, I. A., & Saber, W. I. (2016). Optimization of milk type and physical factors for reduction of alcohol content in kefir. Journal of Food and Dairy Sciences, 7(3), 161-166.
- Farnworth, E. R., & Mainville, I. (2003). Kefir: a fermented milk product. Handbook of fermented functional foods, 2, 89-127.
- Wyder, M. T., & Teuber, M. (2001). Yeast flora composition on the surface of three different Swiss cheese varieties. Systematic and Applied Microbiology, accepted for publication. https://doi.org/10.13140/RG.2.1.3440.7847.