Durch die Fermentierung wird Milch ein anderes Produkt als frische Milch. Schwedische Frauen litten seltener unter Schlaganfällen oder erkrankten weniger an Osteoporose, wenn sie regelmäßig fermentierte Milchprodukte, wie Joghurt, Schwedenmilch oder der Käse konsumiert hatten (Michaelsson et al. 2014). Die normale Trinkmilch jedoch führte zu einer Zunahme der Todesfälle, mehr Herzkreislauferkrankungen und Osteoporose. Es handelte sich um Versuche mit pasteurisierten Milchprodukten. In einer anderen Studie (Beltran et al., 2018) tranken Testpersonen täglich 150 ml fermentierte Milch, die auf Basis des Lactococcus lactis (Typ NRRK B-50571) fermentiert wurde. Die Kontrollgruppe bekam hingegen nur mit Milchsäure angesäuerte Milch, ohne Bakterien. Der Versuch wurde als doppelblind Versuch durchgeführt, das heißt sowohl die Testpersonen als die durchführenden Personen wussten nicht wie die Personen eingeteilt waren. Die Teilnehmer hatten am Versuchsanfang einen leicht erhöhten Blutdruck (134/ 88). Nach 8 Wochen konnten einige Interessanten Veränderungen festgestellt werden:
- der Bluthochdruck nahm in beiden Gruppen ab, jedoch nur signifikant in der Lactococcus lactis– Gruppe.
- Nach Ablauf der Versuchsperiode, stieg der Blutdruck wieder an, was darauf schließen lässt das diese Produkte regelmäßig konsumiert werden sollten um ein Ergebnis zu erziehen.
- Nach dem achtwöchigen Versuch waren sowohl die Cholesterinwerte als die Triglyceridwerte in der Lactococcusgruppe gesunken. Der Unterschied war jedoch nicht signifikant.
Die Frage bleibt dann natürlich welche Mechanismen diesen Veränderungen zu Grunde liegen. Wahrscheinlich sind es mehrere, die sich untereinander noch verstärken. Einige Lactococcusstämme produzieren große Mengen von dem Vitamin K2 und fermentierte Milch hat generell einen hohen Vitamin K2 Gehalt. K2 regulierte die „richtige“ Kalziumablagerung im Körper, nämlich nicht in den Schlagadern, sondern in den Knochen. Umso weniger Kalzium sich in den Blutgefäßen ablagern desto geschmeidiger bleiben die Gefäße und der Blutdruck bleibt niedriger.
Gast et al. (2008) publizierte in einer prospektiven Studie mit gesunden Frauen ohne Herzkreislauferkrankungen, dass ein negativer Zusammenhang zwischen dem Einnehmen von Vitamin K2 und dem Entstehen von Herzkreislauferkrankungen (CVD) entstand. Der negative Zusammenhang wird als ein Risiko von 0,91 ausgedrückt, was bedeutet, dass bei jeder Zunahme von 10 mg K2/ Tag in ihrer Nahrung, das Risiko mit 9% sank. Das meiste Vitamin K2 kam in Form von MK7, MK8 und MK9 (MK=Menaquinone) aus Milchprodukten. Dabei ist wichtig, dass man diesen Zusammenhang nicht bei der Einnahme von Vitamin K1 finden konnte (K1 oder Phyloquinone kommt aus pflanzlichen Produkten). Vergleichbare Ergebnisse sind beim Zusammenhang zwischen K2- Einnahme und dem sogenannten „metabolic syndrom“ (lies: Obesitas, Diabetes usw.) fest zu stellen. Hier konnte man einen Effekt bei der Abnahme von Bluttriglyceriden sowie eine Abnahme des Bauchumfangs feststellen. Der Bauchumfang wird als ein wichtiger Indikator für die Gefahren des „metabolic syndrom“ gesehen. Auch hier wurde kein Zusammenhang mit Vitamin K1 gefunden.
Es entsteht langsam mehr Aufmerksamkeit in die indirekte Wirkung unserer Nahrung (über Steuerung der Darmflora) an stelle der direkten Wirkung (Nährstoffdenken). Bei verschiedenen Zivilationskrankheiten wird mittlerweile schon von der Achse zwischen Darm und Gehirn oder Darm und Herz gesprochen. Eine gut funktionierende Flora kann Probleme jetzt und später verringern. Dabei stellt sich die Frage wie man das Darmmikrobiom beeinflussen kann. Dabei ist es interessant die Gedanken über biologische Bodenfruchtbarkeit als Beispiel zu nehmen. In der ökologischen Landwirtschaft wird häufig davon gesprochen, dass man die Pflanze nicht direkt nähren muss (mit wasserlöslichen Dünger), sondern indirekt über das Bodenleben. Wie das Bodenleben für die Pflanze da ist, funktioniert die Darmflora für Tier und Mensch. Probiotika bedeutet „für das Leben“ oder anders gesagt „das Lebende unterstützend“. Lactococcen, Bifidobakterien und verschiedenen andere Bakterien spielen dabei eine entscheidende Rolle. Prebiotika sind Inhaltsstoffe, die das Leben stimulieren, es sind Stoffe wodurch das Leben besser gedeiht. Nicht umsonst wird bei der Babypulvermilch viel Aufmerksamkeit in die Oligosachariden (bestimmte Milchzucker) gelegt. Milchzucker bei dem die Darmflora der Babys gut gedeihen kann, kann man deswegen mit dem Stroh im Kuhmist vergleichen.
Es scheint also aufgrund der Ergebnisse von verschiedenen Studien ratsam fermentiere Milchprodukte regelmäßig zu konsumieren. Anscheinend braucht unsere Darmflora, so wie das Bodenleben regelmäßig einen kleinen Stimulus um ihre Arbeit und Aufgabe auch weiterhin gut machen zu können.
Foto: Blauschimmelkäse enthält viel Vitamin K2